Veronica Ferres wird 60: Von „Schtonk!" nach Hollywood

Eine junge Frau, blond und pausbäckig, steht auf einem Kartoffelacker. Sie ist erstaunlich leicht bekleidet für die Feldarbeit: Mit dieser Kinoszene machte Veronica Ferres 1992 in Helmut Dietls Satire „Schtonk!“ Furore. Ferres spielte Martha, die Muse des Hitler-Tagebuch-Fälschers Fritz Knobel, die sich nackt von ihm als Hitlers Geliebte Eva Braun malen ließ.
Ein ironischer Verweis auf Ferres‘ Herkunft steckte ebenso in dem Ausflug in die Landwirtschaft: Die Tochter eines Solinger Kohlen- und Kartoffelhändlers wollte es zu etwas bringen im Showgeschäft, gegen den Willen ihrer Eltern. Im Zweifelsfall zeigte sie sich so vor der Kamera, wie männliche Regisseure das damals ganz selbstverständlich verlangten. Manchmal gelang es Ferres, sich dagegen zu wehren.
Von der „drallen Blonden“ - so wurde sie oft bezeichnet - war es ein weiter Weg zur Schauspielerin und Produzentin Ferres, die am 10. Juni ihren 60. Geburtstag feiert. Lange kämpfte sie darum, sich von ihrem Image als „Superweib“ zu lösen, wie 1996 Sönke Wortmanns Komödie mit ihr hieß.
Dabei steckte schon im „Superweib“ ein Missverständnis: Wortmanns Film handelte von einer Frau mit wachsendem Selbstbewusstsein, die ihr Schicksal in die eigene Hand nimmt. Gefeiert aber wurde Ferres als Sexbombe, gern auf Titelblättern mit tiefem Dekolleté verewigt. Wortmann bedauerte später die Besetzung mit einer giftig-galligen Bemerkung: „Es ringt mir durchaus Respekt ab, dass es jemand mit durchschnittlicher Begabung so weit bringen kann.“

Veronica Ferres in „Das Superweib" 1996.
Quelle: imago/United Archives
Wenn Ferres etwas von Anfang an ausgezeichnet hat, dann ist es ihre Hartnäckigkeit. Angeblich bewarb sie sich nach einem (abgebrochenen) Theaterwissenschafts- und Psychologiestudium bei zwölf deutschen Schauspielschulen. Genauso oft wurde sie abgelehnt, nicht zuletzt wegen ihrer Körpergröße von 1,78 Metern, wie sie selbst sagt.
Ihre Schauspielträume gab Ferres nicht auf. Sie nahm privaten Unterricht am Max Reinhardt Seminar in Wien, machte ihren Abschluss, spielte auf Kellerbühnen, ergatterte kleinere Fernsehrollen. Und dann kam „Schtonk!“, danach „Rossini“ (1997) und „Late Show“ (1999) - alles Komödien von Regisseur Helmut Dietl, mit dem Ferres damals zusammen war. Auch diese Verquickung von Beruflichem und Privatem war nicht unüblich, ihrem Renommee aber wenig förderlich.
Ferres spielte in diversen Fernseh- und Kinofilmen, von denen die wenigsten in Erinnerung geblieben sind. Jüngst war sie in der RTL-Krimireihe „Alpentod“ zu sehen. Was viele aber vergessen haben: Sie war auch die Buhlschaft im „Jedermann“ (2002 bis 2004) bei den Salzburger Festspielen. Und sie arbeitete mit namhaften Regisseuren wie Dani Levy und Werner Herzog, Heinrich Breloer und ebenso mit Helmut Dietls Sohn David.
Veronica Ferres, Schauspielerin
Andere wären damit vielleicht zufrieden gewesen, Ferres nicht. Es zog sie nach Hollywood, zunächst als Schauspielerin. Sie drehte an der Seite von Stars wie Christopher Plummer, Toni Collette, Nicolas Cage, Diane Keaton, Jeremy Irons, Casey Affleck, Anthony Hopkins, Juliette Binoche, Morgan Freeman, Samuel L. Jackson, John Malkovich ... Allein: Ihr selbst blieb Starruhm versagt.

Veronica Ferres und Carsten Maschmeyer 2019.
Quelle: Getty Images

Schauspielerin Veronica Ferres und Unternehmer Carsten Maschmeyer.
Quelle: Felix Hörhager/dpa

Unternehmer Carsten Maschmeyer und Schauspielerin Veronica Ferres kommen zur "VDZ-Publishers' Night 2013" am 22.10.2013 in Berlin.
Quelle: picture alliance / dpa
In den bunten Medien taucht sie seit 2009 in einer anderen Rolle auf: als Ehefrau des umstrittenen einstigen AWD-Finanzdienstleisters Carsten Maschmeyer, heute besser bekannt als Investor in der TV-Unterhaltungssendung „Die Höhle der Löwen“. In der Öffentlichkeit mühte sie sich, Maschmeyers Ruf aufzupolieren. Ferres war auch bereit zu klagen, wenn es um sie selbst ging.
Gleichzeitig verfolgte Ferres eine zweite Karriere: 2013 gründete sie eine international agierende Produktionsfirma und fördert seitdem nicht zuletzt Frauen nachfolgender Generationen. Eine davon ist die Regisseurin Nora Fingscheidt. Deren Sandra-Bullock-Drama „The Unforgivable“ (2021) setzte Ferres in Hollywood durch - und landete damit einen Netflix-Hit.
Das Machtgefälle zwischen Männern und Frauen in der Filmbranche existiert ihrer Ansicht nach immer noch. Immerhin gebe es heute durch die #MeToo-Bewegung Schutzmechanismen. Als junge Frau habe sie das anders erlebt - „unendlich viele Situationen, in denen Männer ihre Macht missbraucht haben, ständige Übergriffigkeit. Uns Frauen wurde nicht zugehört.“ Heute hört die Kinobranche der Produzentin Veronica Ferres zu.
rnd